Mehrfach ungesättigte Fettsäuren der Muttermilch ohne Einfluss auf späteren IQ
07.2017
Autor Professor J. Spranger, Universitäts-Kinderklinik Mainz
Bis dato ist unklar, was in der Muttermilch verantwortlich ist für die angeblich bessere psychosoziale Entwicklung gestillter Kinder. Der letzte Versuch zur Klärung besteht in der Bestimmung mehrfach ungesättigter Fettsäuren im Kolostrum von 799 stillenden Müttern und 281 Müttern, die nach der Geburt abstillten [1].
Im Alter von 5-6 Jahren hatten gestillte Kinder einen um 4.5 Punkte höheren IQ als nicht gestillte Kinder. In der Gruppe der gestillten Kinder fand sich kein linearer Zusammenhang zwischen ungesättigten Fettsäuren und IQ. Bei differenzierter Analyse einzelner Fettsäuren ergaben sich gewisse Hinweise auf einen modifizierenden Einfluss von Docosahexaensäure auf IQ-mindernde Effekte von Linolsäure. Nach statistischer Berücksichtigung von Stör-Varianten wie mütterlichem Alter, Gewicht, Tabak- und Alkoholkonsum, elterlichem Ausbildungsgrad etc. verschwanden jedoch die IQ-Differenzen zwischen gestillten und nicht gestillten Säuglingen.
Mit anderen Worten: Es war nicht die unterschiedliche Ernährung, sondern die mit den Störvarianten charakterisierte Umwelt, welche die unterschiedliche intellektuelle Entwicklung der gestillten und nicht gestillten Säuglinge erklärte.
Dies bestätigt sich in einem Vergleich der psychosozialen Entwicklung von fast 6000 gestillten und nahezu 4000 nicht gestillten Säuglingen. Nach statistischer Berücksichtigung der genannten und weiterer Sozialfaktoren wie elterlichem Erwerbszweig, mütterlicher Erziehung, emotionaler Belastung, ethnischer Herkunft, ergab sich kein Hinweis auf einen Zusammenhang zwischen Stillen und psychosozialer Entwicklung bis zum 5. Jahr [2].