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Therapien im Vergleich: Die Behandlung schmerzhafter Brustwarzen bei stillenden Müttern

02.2016
Autor Dr. J. Hower, Pädiater

Im Jahr 2001 veröffentlichte die Weltgesundheits-Organisation (WHO) ihre weltweite Empfehlung, alle Neugeborenen exklusiv 6 Monate zu stillen. Nicht alle Mitgliedsländer und schon gar nicht alle Mütter folgen dieser Empfehlung. Ein häufiges Stillhindernis sind schmerzende Brustwarzen. Untersuchungen lassen vermuten, dass eine falsche Stillposition und ein falsches Anlegen zu schmerzhaften Brustwarzen führen können. Mit zahlreichen Interventionen wurde bisher versucht, die durch Stillen verursachten Schmerzen zu lindern. Bisher konnte jedoch noch nicht zweifelsfrei geklärt werden, welche Therapien mehr und welche weniger wirksam sind. 

Zum besseren Verständnis und Vergleich der Wirksamkeit der einzelnen Therapieverfahren haben die Cochrane-Autoren eine aktuelle Literaturanalyse mit dem Ziel durchgeführt, alle bekannten und praktizierten Interventionen miteinander zu vergleichen. Als Ziel sollte die  Linderung und Heilung der Brustwarzen- und Brust-Infektionen im Rahmen der jeweiligen Therapien, sowie auch die Dauer und die Exklusivität der Brustfütterung und die mütterliche Zufriedenheit mit der Brustfütterung, erfasst werden. 

Methode: Die Autoren konnten 4 methodisch befriedigende Studien, an der insgesamt 656 Frauen teilnahmen, in die Auswertung übernehmen. In diesen 4 Studien wurden 5 unterschiedliche Therapien evaluiert:

  • Glycerin-Umschläge
  • Lanolin (Wollwachs) mit Brusthütchen
  • Lanolin allein
  • exprimierte Brustmilch
  • Hautpflege-Öl

In allen Studien waren die Mütter im Rahmen der routinemäßigen Betreuung angeleitet worden, wie sie das Kind bei der Brustfütterung halten und anlegen sollten.

Ergebnisse:

  • Die Auswertung ergab keinen Hinweis für eine Wirksamkeit von Glycerin-Umschlägen oder Brusthütchen mit Lanolin. In einer Studie konnte kein Unterschied in den Brustschmerzen zwischen einer Lanolin Applikation und keiner Applikation nach 3, 4 und 6 Tagen nachgewiesen werden.
  • Bei ausgestrichener Brustmilch zeigte sich aber in der gleichen Studie eine verminderte Schmerzempfindung nach 4 und 5 Tagen. Dieser therapeutische Erfolg ließ sich nach 6 bis 7 Tagen nicht mehr nachweisen und entsprach danach den Ergebnissen für keine Therapie. Am Ende konnte kein Unterschied zwischen ausgestrichener Brustmilch und keiner Therapie mehr nachgewiesen werden.
  • Zwischen der Therapie mit Hautpflege-Öl und Lanolin-Umschlägen zeigte sich nach 7 Tagen ebenfalls kein Schmerz-Unterschied.

Die Ergebnisse wiesen insgesamt keinen Unterschied in der mütterlichen Schmerzwahrnehmung für Glycerin-Umschläge, Lanolin mit Brusthütchen, Lanolin allein, ausgestrichene Brustmilch und ein allgemeines Hautpflege-Öl auf.

Schlussfolgerungen: Aus den Ergebnissen lassen sich keine auf Evidenz basierende Empfehlungen zur Behandlung des Brustwarzen-Schmerzes stillender Mütter ableiten. Insgesamt wiesen alle Therapieformen keinen gesicherten Einfluss auf die Schmerzwahrnehmung auf.

Referenz:
Dennis, Cl et al. Interventions for treating painful nipples among breastfeeding women. Cochrane Database Syst Rev 2014 Dec 15, 12: CD007366

Kommentar: Berührungsempfindlichkeit der Brustwarzen und eine mehr oder weniger schmerzende Brust gehören vor allem in den ersten zwei Wochen zu den häufigen Klagen stillender Mütter. Ein persistierender Schmerz der Brustwarzen gehört zu den häufigsten Gründen, die zur Beendigung des exklusiven Stillens führen.

In einer aktuellen Studie haben Kent et al. die Daten des „Breast Feeding Centre of Western Australia“ über zwei Perioden von jeweils 6 Monaten im Jahr 2011 (n=469) und 2014 (n=708) ausgewertet. Die den Schmerzen an den Brustwarzen zugeordneten Ursachen, die mikrobiologischen Ergebnisse, die Behandlungen und die daraus resultierenden Ergebnisse wurden erfasst. Schmerzhafte Brustwarzen führten zu 36% zur Vorstellung im Breast Feeding Centre (BFC). Die häufigste vermutete Ursache für Schmerzen war eine falsche Stillposition und ein falsches Anlegen an die Brust, gefolgt von zu kurzen Zungenbändchen, Infektionen, Gaumenanomalien, Flachwarzen, Mastitiden und Warzen-Vasospasmen (Raynaud Phänomen).

Die Korrektur der Stillposition und der Saugtechnik bereits in der ersten Lebenswoche scheinen, mit einer längeren Stilldauer und weniger Brustschmerzen verbunden zu sein. Schmerzhafte Brustwarzen sind wahrscheinlich die Folge einer Kaskade von unterschiedlichen Ereignissen.

Eine frühzeitige Beratung und Betreuung stillender Mütter könnte möglicherweise nicht nur dazu beitragen, die Entstehung schmerzhafter Brustwarzen zu vermeiden, sondern auch rechtzeitig therapeutisch einzugreifen, um ein frühes Abstillen zu vermeiden. Für die meisten Frauen nehmen die Brustschmerzen 7 bis 10 Tage postpartum ab. Dies den betroffenen Frauen mitzuteilen, dürfte eine nützliche Strategie zur Beibehaltung der Brustfütterung bei den betroffenen Müttern sein.

Referenzen:
Dennis, Cl et al. Interventions for treating painful nipples among breastfeeding women. Cochrane Database Syst Rev 2014 Dec 15, 12: CD007366.
Kent, JC et al. Nipple Pain in Breastfeeding Mothers: Incidence, Causes and Treatments. Int J environ Res Public Health 2015, 12: 12247-12263.
Righard, L, Alade, MO. Sucking technique and its effect on success of breastfeeding. Birth 1992, 19: 185-195.