Studiendesign
Viele Faktoren werden als Indikation für eine Sectio betrachtet, so beispielsweise der Zustand nach vorausgegangener Sectio. Ein Team von Wissenschaftlern der Universität Oxford hat nun 74.043 schottische Einlingsgeburten aus den Jahren 2002 bis 2015 (Fitzpatrick et al., 2019) untersucht. Die Studie vergleicht maternale und fetale Outcomes bei geplantem Spontanpartus nach vorangegangener Sectio (VBAC) und bei Re-Sectio. 45.479 der untersuchten Frauen haben per Kaiserschnitt geboren. 28.464 Frauen planten einen Spontanpartus. Von Letzteren wurde bei 28,4 % im Laufe der Geburt eine sekundäre Sectio durchgeführt.
Ergebnisse
Die Studie kommt zu dem Ergebnis, dass die Wahrscheinlichkeit für eine Uterusruptur bei Spontanpartus nach vorangegangener Kaiserschnittgeburt im Vergleich zu einer Re-Sectio signifikant erhöht ist (0,24 % vs. 0,04 %). Zudem ist bei Spontanpartus das Risiko für die Gabe einer Bluttransfusion (1,14 % vs. 0,5 %), einer Puerperalsepsis (0,27 % vs. 0,17 %) und einer chirurgischen Verletzung (0,17 % vs. 0,09 %) erhöht.
Im Kontrast dazu steht der positive Effekt eines Spontanpartus im Vergleich zu einer Re-Sectio. So kommt die Studie zu dem Ergebnis, dass die Gruppe der Frauen, die spontan geboren haben, häufiger bei Geburt oder Entlassung aus dem Krankenhaus stillen (63,6 % vs. 54,5 %). Auch die Stillrate 6 bis 8 Wochen nach Geburt ist nach Spontanpartus höher als nach Kaiserschnittgeburt (43,6 % vs. 34,5 %). Zusätzlich zu den beschriebenen Outcomes konnte die Studie auch einen Einfluss von zusätzlichen vorausgegangenen Geburten feststellen. So stieg mit der Anzahl der vorausgegangenen Sectiones das Risiko für einen Krankenhausaufenthalt von mehr als 5 Tagen. Ein geplanter Spontanpartus führt zu einer signifikanten Senkung von Krankenhausaufenthalten und von Wiederaufnahmen im Krankenhaus nach Entlassung, wenn die Frau bereits vor der untersuchten Geburt mindestens einmal spontan geboren hat.
Implikationen für die Praxis
Die Autoren der Studie weisen darauf hin, dass die Risiken bei Spontanpartus nach Kaiserschnittgeburt im Vergleich zu einer Re-Sectio zwar erhöht sind, das absolute Risiko jedoch dennoch gering ist. Bei der Beratung von Schwangeren bezüglich des geplanten Geburtsmodus sollten nicht nur die Risiken, sondern auch der Vorteil des Spontanpartus auf das Stillen bedacht werden.
Zudem sollte die Beratung individuell auf die Schwangere abgestimmt werden. So ist beispielsweise die Geburtenanamnese der Frau zu betrachten. Mit steigender Anzahl an vorausgegangenen Spontangeburten sinken die Risiken, wohingegen mit einer steigenden Anzahl an vorausgegangenen Sectiones die Risiken steigen.
Referenz:
DeStatis, Statistisches Bundesamt (2019). Pressemitteilung Nr. 349 vom 17. September 2018, unter: https://www.destatis.de/DE/Presse/Pressemitteilungen/2018/09/PD18_349_231.html, Stand: 09.01.2020
Fitzpatrick, K., Kurinczuk, J., Bhattacharya, S., Quigley, A. (2019). Planned mode of delivery after previous cesarean section and short-term maternal and perinatal outcomes: A population-based record linkage cohort study in Scotland, in: PLOS Medicine, 16(9)
Stiefel, A., Geist, C., Harder, U. (2013). Hebammenkunde. Lehrbuch für Schwangerschaft, Geburt, Wochenbett und Beruf. 5., überarbeitete und erweiterte Auflage. Stuttgart: Hippokrates Verlag. S. 439
WHO, Department of Reproductive Health and Research (2015). WHO Statement on Caesarean Section Rates, unter: https://apps.who.int/iris/bitstream/handle/10665/161442/WHO_RHR_15.02_eng.pdf;jsessionid=491541FBB4AE2DC89B05F83968875AF3?sequence=1