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Management des Gestationsdiabetes: Wie entsteht er, was ist zu tun und wie gelingt eine gute Betreuung?

10.2019
Autorin Christina Altmann, Hebamme aus Bremen

Aufgrund steigender Inzidenzzahlen des Gestationsdiabetes kommt auch die Hebamme in ihrer täglichen Arbeit vermehrt mit diabetischen Schwangeren in Berührung. Und doch bleiben Grenzwerte, Entstehungshintergründe des GDM und daraus resultierende Besonderheiten in der Schwangerenbetreuung nicht selten ein Buch mit sieben Siegeln.

Was ist ein Gestationsdiabetes?
Ab welchen Grenzwerten besteht ein Gestationsdiabetes?
Wodurch entsteht ein Gestationsdiabetes?
Warum ist die Behandlung des Gestationsdiabetes so entscheidend?
Wie kann Prävention durch interprofessionelle Zusammenarbeit gelingen?
Fazit

Was ist ein Gestationsdiabetes?

Unter einem Gestationsdiabetes (GDM) wird eine in der Schwangerschaft gestörte Glukosetoleranz verstanden, deren Diagnose mithilfe eines oralen Glukosetoleranztests (oGTT) gestellt wird. Dabei wird in 25 % der Fälle eine Behandlung mit Insulin notwendig, um die erhöhten Blutzuckerwerte zu regulieren und negative Folgen für Mutter und Kind abzuwenden (vgl. Bühler, 2019).

Ab welchen Grenzwerten besteht ein Gestationsdiabetes? 

Nachdem in der Schweiz bis dato mit höheren Grenzwerten, basierend auf Studienarbeiten an Nichtschwangeren der 1960er-Jahre, gearbeitet wurde, fand nach Publikation der Hapo-Studie in den vergangenen Jahren eine Angleichung der geltenden Werte zur Diagnose eines Gestationsdiabetes statt (vgl. Bühler, 2019).
In Deutschland wird zuerst ein Vortest mit 50 g Glucose (nicht nüchtern) durchgeführt und nach 1 h der Blutzucker gemessen. Wenn dieser Wert auffällig ist, wird die Abklärung mit einem aufwändigeren Diagnosetest mit 75 g Glucose (nüchtern) empfohlen. Hierfür gelten aktuell folgende Grenzwerte (Deutschland & Schweiz):

BZ nüchtern> 5,1 mmol/l oder > 92 mg/dl
BZ nach 1 h> 10 mmol/l oder > 180 mg/dl
BZ nach 2 h> 8,5 mmol/l oder > 153 mg/dl

Die Testung mit 75 g Glucose erfolgt in der 24. bis 28. Schwangerschaftswoche, bei Vorliegen von Risikofaktoren bereits in der 12. bis 14. Schwangerschaftswoche. Bereits ein pathologischer Wert sichert die Diagnose eines Gestationsdiabetes.

Wodurch entsteht ein Gestationsdiabetes?

Aufgrund einer erhöhten Insulinsensitivität in der ersten Schwangerschaftshälfte sowie eines Verdünnungseffektes bei gesteigertem Blutvolumen sind die Blutzuckerwerte einer Schwangeren generell tiefer. Plazentare Hormone sorgen ab Mitte der Schwangerschaft trotz erhöhter Insulinproduktion im Pankreas jedoch für eine Insulinresistenz, die durch Faktoren wie bestehendes Übergewicht oder Bewegungsmangel verstärkt werden kann. Bei 5 bis 10 % der Schwangeren führt dies zu einem Gestationsdiabetes (vgl. DDG, 2018).

Warum ist die Behandlung des Gestationsdiabetes so entscheidend?

Ein Hauptaugenmerk bei der Betreuung von Gestationsdiabetikerinnen liegt auf der Prävention eines manifesten Diabetes mellitus. Aber auch kindliche Folgen wie Makrosomie, Hypoglykämie, Übergewicht und ein erschwerter Stillstart können auftreten (vgl. Forster et al., 2017). Bei Diagnose eines GDM wird dabei zunächst die Regulation der Blutzuckerwerte durch Lebensstilmodifikationen angestrebt. Hierfür ist die Zusammenarbeit von Ernährungsberatung, Diabetesberatung und Geburtshilfe von elementarer Bedeutung.

Wie kann Prävention durch interprofessionelle Zusammenarbeit gelingen?

Bei Diagnose eines GDM wird die Schwangere von Anfang an durch die Diabetesfachberatung mitbetreut. Neben den Ultraschall- und Vorsorgeuntersuchungen durch den/die GynäkologIn finden Ernährungs- und Bewegungsschulungen sowie Anleitungen zur selbstständigen Blutzuckermessung statt. Da das Stillen als ein schützender Faktor vor der Manifestation eines Diabetes mellitus angesehen wird, gilt es die Schwangere auch in einem Stillwunsch zu bestärken und ihr diesbezügliches Wissen bereits in der Schwangerschaft zu fördern.

Fazit

Trotz des erhöhten Risikos, an einem Diabetes mellitus zu erkranken, hat ein stabil eingestellter GDM nahezu das gleiche Outcome wie das einer physiologisch verlaufenden Schwangerschaft (vgl. Bühler, 2019). Eine lückenlose und kompetente interprofessionelle Betreuung von Gestationsdiabetikerinnen sollte der Standard sein.

Quellen:
Arbeitsgemeinschaft Diabetes und Schwangerschaft der DDG (2018). S3-Leitlinie Diabetes mellitus (GDM), Diagnostik, Therapie und Nachsorge. 2. Auflage. AWMF-Registernummer: 057-008.
https://www.awmf.org/fileadmin/user_upload/Leitlinien/057_D_Diabetes_Ges/057-008pr_S3_Gestationsdiabetes-mellitus-GDM-Diagnostik-Therapie-Nachsorge_2018-03.pdf (Zugriff am 5.10.2019).
Bühler, S. (2019). Gestationsdiabetes: Pathophysiologie und Erleben in der Beratung. Obstetrica, 2019 (5), S. 14–18.
Forster, D., Moorhead, A., Jacobs, S., Davis, P. et al. (2017). Advising women with diabetes in pregnancy to express breastmilk in late pregnancy (Diabetes and Anenatal Milk Expressing (DAME): a multicenter, unblinded, randomized controlled trial. Lancet 389 (10085). S. 2204–2213.