05.2023
Autorin Alexandra Lesmann, Hebamme und Ökotrophologin aus Hamburg
Erstgebärende erleiden zu 30 % bei einer Vaginalgeburt ein Levator-ani-Muskeltrauma (LAM). Eine Studie aus dem Jahr 2021 suchte nach Anzeichen, die die Seite der Verletzung des Levatormuskels vorhersehbar machen könnten.
Beckenbodenverletzungen sind in der Forschung und bei werdenden Müttern von ähnlich hohem Interesse. Entsprechende Traumata, die im Wesentlichen nullipare Frauen erleiden, resultieren gemäß der vorliegenden Studie häufig in einem geweiteten Hiatus levatorius oder in 6 bis 63 % in einer partiellen oder kompletten Avulsion des Musculus levator ani. Ernsthafte, teilweise langwierige Beschwerden wie Schmerzen, Harn- oder Stuhlinkontinenz, Sexualbeschwerden, psychische Belastungen, Gebärmuttervorfälle und kostenintensive Folgeoperationen können die Folge sein.
Als generelle Risikofaktoren gelten hohe Geburtsalter, geringe BMI, höhere Geburtsgewichte, höhere Kopfumfänge, protrahierte Austrittsphasen, vaginal-operative Geburten, insbesondere beim Einsatz von Saugglocken, und okzipito-posteriore Einstellungen. Problematisch ist, dass bis auf den BMI und das Alter der Mutter die Risikofaktoren erst postnatal bekannt werden. Aussagen über eine mögliche Seite der späteren Verletzung ließen sich bisher nicht herleiten. Als vermutliche Ursache für die konkrete Seite der Geburtsverletzung stellten die Autoren eine Störung im Schlüssel-Schloss-Prinzip zwischen Geburtskanal und der fetalen Körperform in den Fokus ihrer Untersuchung.
Von eingangs 362 an der Studie teilnehmenden nulliparen Frauen konnten letztlich 213 verbleibende Frauen in die Studie einbezogen werden. Davon wurden schließlich 71 Frauen (33,3 %) mit einer LAM-Verletzung Teil der Studie. 51 (23,9 %) erlitten eine teilweise oder komplette Avulsion und 20 (9,4 %) Hämatome. 17 Frauen (23,9 %) erlitten eine linksseitige und 20 (28,2 %) eine rechtsseitige Verletzung. 34 Frauen (47,9 %) hatten ein bilaterales Trauma.
Trotz sehr detaillierter Untersuchungen vor, während und nach der Geburt sei es nicht gelungen, entsprechende Zusammenhänge herzustellen. Als Ursache führten die Autoren der Studie die insgesamt relativ kleine Kohorte an. Bemerkenswert sei jedoch gewesen, dass entgegen einer anfänglichen Hypothese keine signifikante Verbindung zwischen Kopf- und Schulterposition im Geburtskanal und der späteren Seite einer Verletzung des Beckenbodens hergestellt werden konnte. Problematisch sei allerdings die exakte Positionsbestimmung der Schulter im Geburtskanal gewesen, die möglicherweise während der Geburt durch erforderliche Drehbewegungen des Fetus anders gewesen sein könnte.
Betont wurde zudem die Problematik zu schneller Austrittsphasen und zu starkem Pressen, bei denen keine ausreichende Zeit zur Dehnung und Anpassung des Gewebes blieb. In der Studie ergab sich aus nicht näher spezifizierten Gründen zudem eine gesteigerte Wahrscheinlichkeit für eine Beckenbodenverletzung bei abnormalem kindlichen Puls.