02.2023
Autorin Lara Mönter, B.Sc. Hebammenwissenschaften, Hebamme aus Fiersbach
Die Geburt stellt für jede Gebärende eine ganz besondere Situation im Leben dar. Leider kommt es immer wieder zu negativen Geburtserlebnissen, welche langanhaltende Auswirkungen auf die Gesundheit und das weitere Leben der Frau haben können. Eine Studie aus Schweden identifiziert nun Risikofaktoren für ein negatives Geburtserleben, die vor der Schwangerschaft, während der Schwangerschaft und unter Geburt auftreten können.
Hintergrund
Die Corona-Pandemie und die damit einhergehenden Einschränkungen haben die Geburtserlebnisse von Frauen in den letzten Jahren stark geprägt. Der von Eltern gegründete Verein Motherhood e. V. sammelt und publiziert Geburtsberichte von jungen Eltern, die von negativen und manchmal auch traumatisierenden Erfahrungen unter der Geburt berichten (siehe z. B. Projekt Blackbox Geburt blackbox-geburt.de/). Aber auch schon vor der Corona-Pandemie berichteten Frauen von negativen Geburtserlebnissen. Eine Kohortenstudie von Viirman et al. (2022) aus Schweden untersuchte nun Risikofaktoren für ein negatives Geburtserlebnis bei rund 80.000 Erstgebärenden. Die betrachteten Parameter wurden in drei Blöcke unterteilt: vor der Schwangerschaft, während der Schwangerschaft und unter Geburt.
Vorgehensweise
Die Autoren der Studie sammelten ihre Daten aus dem schwedischen Geburtenregister in den Jahren 2013 bis 2018. Miteingeschlossen wurden Erstgebärende nach Einlingsgeburt im Krankenhaus. Geplante Kaiserschnittgeburten wurden ausgeschlossen. Auch die Daten über das subjektive Geburtserleben konnten dem Geburtenregister entnommen werden. Jede Frau bewertete als Teil der Routineuntersuchung spätestens drei Tage nach Geburt ihr Geburtserlebnis auf einer Skala von 1 bis 10. Die Autoren führten eine logistische hierarchische Regressionsanalyse durch, um den Odd Ratio und damit die Stärke des negativen Einflusses von verschiedenen Faktoren auf das Geburtserleben zu ermitteln. Untersuchte Risikofaktoren, die sich auf die Zeitvor der Schwangerschaft bezogen, waren soziodemografische Faktoren, wie z. B. Bildung und Herkunftsland und die allgemeine maternale Gesundheit. Mit eingeschlossene Parameter während der Schwangerschaft waren psychiatrische Behandlung während der Schwangerschaft, Angst vor der Geburt und Teilnahme an einem Geburtsvorbereitungskurs. Unter der Geburt wurden verschiedene Risikofaktoren, wie beispielsweise Geburtseinleitung, -modus und -dauer, Blutverlust und APGAR Score nach fünf Minuten untersucht.
Ergebnisse
Folgende Risikofaktoren hatten signifikante negative Auswirkungen auf das Geburtserlebnis der Frauen:
- Vor der Schwangerschaft: maternales Alter über 34 Jahre, Übergewicht und schlechter allgemeiner Gesundheitszustand.
- Während der Schwangerschaft: psychiatrische Behandlung und Angst vor der Geburt.
- Während der Geburt: Geburtseinleitung, Geburtsmodus, Geburtsdauer, erhöhter Blutverlust, PDA, APGAR Score unter 7 nach 5 Minuten, Dammriss 3. und 4. Grades.
Nach einer vaginal-operativen Geburt und nach einer ungeplanten Sectio in Vollnarkose war die Wahrscheinlichkeit eines negativen Geburtserlebnisses um das Dreifache erhöht.
Auswirkungen von negativen Geburtserlebnissen
Negative Geburtserlebnisse können weitreichende und langanhaltende Auswirkungen auf die physische und psychische Gesundheit von Frauen haben. Es ist bekannt, dass das Geburtserleben subjektiv ist. Auch eine von den Geburtshelfern als normal eingestufte Geburt kann von der Gebärenden als negativ oder gar traumatisch eingestuft werden (Beck, 2004). Die Folgen eines negativen Geburtserlebnisses können unter anderem sein: eingeschränkte psychische Gesundheit, besonders erhöhtes Risiko für Wochenbettdepressionen (Bell & Andersson, 2016) und Posttraumatische Belastungsstörungen (Andersen et al., 2012), negative Auswirkungen auf den Bindungsaufbau und die Stillbeziehung (Elmir et al., 2010), Verzögerung oder Vermeidung weiterer Schwangerschaften (Shorey et al., 2018) und Ängste in darauffolgenden Schwangerschaften, welche zu Angststörungen, Ermüdung und Depressionen führen können (Dencker et al., 2019).