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Eine gesunde Ernährung in der Schwangerschaft kann positive Auswirkungen auf die Entwicklung von Kindern haben

09.2024
Autor Dr. Martin Claßen, Bremen

Die Verbindung von Ernährung mit psychischen Aspekten und Verhalten wird zunehmend wissenschaftlich untersucht. Eine besondere Bedeutung könnten Ernährungsfaktoren für die frühe Entwicklung des Nervensystems und das Darmmikrobiom haben. Ob die Ernährung von Schwangeren mit späteren Verhaltensauffälligkeiten assoziiert ist, wurde in einer Analyse von 231 Mutter-Kind-Paaren in Andalusien geprüft. Als Indikator für eine gesunde Ernährung galt eine mediterrane Kost mit vielen frisch zubereiteten pflanzlichen Nahrungsmitteln. Die Adherence zu einer solchen Ernährungsform wurde mit Ernährungsprotokollen überprüft und in zwei Gruppen eingeteilt (niedrig vs. hoch). Im Alter von 4 Jahren wurde das kindliche Verhalten u. a. durch die Child Behaviour Checklist 1½-5 analysiert. Es zeigte sich eine Assoziation zwischen hoher Adherence zur mediterranen Kost und einer reduzierten Wahrscheinlichkeit von Verhaltensauffälligkeiten insgesamt (OR = 0.42), für externalisierende Störungen (OR = 0.29), Aufmerksamkeitsprobleme (OR = 0.32), Aufmerksamkeits-Defizit-Hyperaktivität (OR = 0.36), oppositionelles Verhalten (OR = 0.06) und depressive Symptome (OR = 0.38).

Kommentar: Dass die mütterliche Ernährung während der Schwangerschaft eine enorme Bedeutung für die Kinder hat, ist seit langem bekannt. Die Hypothese der spanischen Wissenschaftler ist, dass Nährstoffe (Makronährstoffe, Vitamine, Spurenelemente, Antioxidantien) bei den frühen Entwicklungsphasen des Nervensystems eine wichtige Rolle spielen. Auch ist bekannt, dass das von der Ernährung beeinflusste mütterliche Darmmikrobiom einen prägenden Einfluss auf das Mikrobiom des Kindes hat. Die Mikrobiota haben über die Darm-Hirnachse ebenfalls einen Einfluss auf psychische Funktionen. Dennoch könnten in der vorliegenden Studie auch andere Faktoren bei der Mutter (Gesundheitsbewusstsein, Bildungsstand, psychische Gesundheit) direkten Einfluss auf ihre Ernährungsgewohnheiten gehabt haben und somit als Störfaktoren das Ergebnis beeinflusst haben. Aktuell würde ich deswegen noch nicht so weit gehen, die positiven Effekte dieser Ernährungsform bei Schwangeren auf das Verhalten von Kindern als bewiesen anzusehen.
Zweifellos sollten wir – nicht nur im Gespräch mit Schwangeren – die mediterrane Kost als eine gesundheitsfördernde Ernährung immer wieder bewerben. Klar ist auch, dass die Ernährungsberatung in der Schwangerenvorsorge einen festen Platz haben sollte, auch um übermäßige Gewichtszunahme in der Schwangerschaft mit all ihren negativen Folgen für Mutter und Kind zu vermeiden.

Referenzen:
Cendra-Duarte E, Canals J, Iglesias-Vázquez L, Jardí C, Martín-Luján F, Arija V. Adherence to the Mediterranean diet during pregnancy and behavioural problems at 4 years of age. Matern Child Nutr. 2024 Jul 11:e13700. doi: 10.1111/mcn.13700.