08.2020
Autorin Frau Lara Mönter, Hebamme aus Köln
Die Zahl der Geburtseinleitungen steigt seit Jahrzehnten an. Eine Vielzahl an Faktoren werden als mögliche Indikationen für eine Geburtseinleitung betrachtet. Ein Review von Coates et al. (2020) beschäftigt sich mit der Fragestellung, welche Indikationen für eine Geburtseinleitung tatsächlich evidenzbasiert sind.
Hintergrund
Auch wenn die Häufigkeit von Geburtseinleitungen zwischen Ländern und Krankenhäusern variiert (Nippita et al., 2015), steigt die Anzahl der Geburtseinleitungen im Allgemeinen seit Jahrzehnten deutlich an (IQTIG, 2017). Eine Geburtseinleitung wird durchgeführt, wenn man davon ausgeht, dass das Fortführen einer Schwangerschaft ein größeres Risiko für Mutter oder Kind darstellt als die Intervention Geburtseinleitung (AIHW, 2016). So leitet man Geburten bei Terminüberschreitung ein, um das Risiko einer Totgeburt zu minimieren (Middleton et al., 2018). Bei Frauen mit frühzeitigem Blasensprung werden Geburten eingeleitet, um das Risiko von maternalen und fetalen Infektionen zu senken (Morris et al., 2014). Ob diese Entscheidungen einen Vorteil für das Outcome von Mutter oder Kind haben, untersucht der Review von Coates et al. (2020).
Methode
Der Scoping Review von Coates et al. (2020) vergleicht 68 Reviews, Metaanalysen, randomisiert-kontrollierte Studien, Kohorten- und Fallstudien, um herauszufinden, bei welchen Indikationen eine Geburtseinleitung belegbare Vorteile für Mutter und/oder Kind aufweist. Miteinbezogen wurden Studien, welche das maternale oder fetale Outcome für verschiedene Geburtsmodi oder Geburtszeitpunkte vergleichen.
Ergebnis
Die in dem Review miteingeschlossenen Studien vergleichen die maternalen und fetalen Outcomes bei Terminüberschreitung, Hypertonie/ Präeklampsie, Diabetes, vorzeitigem Blasensprung, Geminischwangerschaften, Verdacht auf fetale Beeinträchtigung, erhöhtem maternalem Body-Mass-Index, intrahepatischer Schwangerschaftscholestase, Verdacht auf fetale Makrosomie, fetaler Gastroschisis, erhöhtem maternalem Alter und maternaler kardialer Erkrankung.
Das Ergebnis des Reviews lautet, dass eine Geburtseinleitung bei Terminüberschreitung das Outcome verbessert, jedoch kann keine genaue Aussage über den richtigen Zeitpunkt der Geburtseinleitung gemacht werden (41. oder 42. Schwangerschaftswoche). Ebenso kommen die Autoren zu dem Ergebnis, dass die Geburtseinleitung das maternale Outcome bei Hypertonie/ Präeklampsie verbessert. Bei einem frühen vorzeitigen Blasensprung zwischen der 24. und 37. Schwangerschaftswoche (PPROM) zeigt die Studienlage eher einen Vorteil bei der abwartenden Haltung auf. Bei einem vorzeitigen Blasensprung am Geburtstermin konnten die Autoren einen geringen Vorteil durch eine Geburtseinleitung feststellen. Bei allen anderen untersuchten Faktoren konnten die Autoren keine eindeutigen Evidenzen nachweisen.
Die Empfehlungen in Deutschland
Leitlinien zur Geburtseinleitung in Deutschland sind nur lückenhaft vorhanden. Die S1-Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe zum Thema Vorgehen bei Terminüberschreitung gibt Empfehlungen zur Geburtseinleitung bei Terminüberschreitung. Diese stammt jedoch aus dem Jahr 2010, wurde 2014 das letzte Mal überarbeitet und ist 2019 abgelaufen. Die S1-Leitlinie zum Thema Anwendung von Prostaglandinen stammt ebenfalls aus dem Jahr 2010 und ist ebenfalls abgelaufen. Eine Leitlinie für die Geburtseinleitung und damit eine Darstellung von Indikationen ist unter der Registernummer 015-088 für das Jahr 2021 angemeldet.