09.2022
Autorin Lara Mönter, B.Sc. Hebammenwissenschaften, Hebamme aus Fiersbach
Die Zahl an Kaiserschnittgeburten in Deutschland ist mit rund 30 % (Stand 2020) noch immer über dem OECD-Durchschnitt (Statista, 2022) und weit über den von der WHO empfohlenen 10 bis 15 % (WHO, 1985). Die Studie „Be-Up: Geburt aktiv“ untersuchte nun einen möglichen Einflussfaktor für die Förderung von selbstbestimmten Spontangeburten: eine bewusst gestaltete Gebärumgebung.
Hintergrund
Ein Kaiserschnitt geht mit einer erhöhten maternalen und perinatalen Morbidität einher (Bachofner, 2011). Deutschland hat sich mit den nationalen Gesundheitszielen (2017) unter anderem zum Ziel gesetzt, die vaginale Geburt zu fördern und die Kaiserschnittrate zu senken. Es gilt Faktoren zu identifizieren, die die Wahrscheinlichkeit einer vaginalen Geburt erhöhen. Es ist bekannt, dass Bewegung unter der Geburt eine Spontangeburt fördert und einen positiven Einfluss auf das Outcome hat (Lawrence et al., 2013). Die Autoren der Be-Up-Studie wollten herausfinden, welchen Einfluss der Gebärraum auf die Rate an Vaginalgeburten und auf die personenbezogenen Outcomes hat.
Methode
Ein Team von Hebammenwissenschaftlerinnen unter der Leitung von Gertrud M. Ayerle veröffentlichte im Juli 2022 erste Ergebnisse ihrer klinischen Studie „Be-Up: Geburt aktiv“. Von 2017 bis 2021 wurden die Daten von 3815 Gebärenden am Geburtstermin aus 22 Kliniken in Deutschland untersucht. Es wurde ein Be-Up-Gebärraum konzipiert.
Be-Up steht für „Birth Environment – Upright Position“ (zu Deutsch „Gebärumgebung – aufrechte Haltung“). Der in allen 22 Kliniken eingerichtete Gebärraum verzichtet auf ein Kreißsaalbett und ist stattdessen mit Elementen ausgestattet, die eine Geburt in Bewegung fördern sollen. Es finden sich dort unter anderem eine Bodenmatte, eine Matratze, ein Sitzsack und Schaumstoffelemente. Die Studienteilnehmerinnen wurden zufällig auf entweder den Be-Up-Gebärraum oder einen herkömmlichen Gebärraum (Kontrollgruppe) aufgeteilt.
Ergebnis
Sowohl in der Interventions- als auch in der Kontrollgruppe stieg der Anteil der vaginalen Geburten auf 89 % an, es ließ sich also keinerlei Unterschied feststellen. Die Autoren der Studie haben bisher noch keine Erklärung für den Anstieg an Spontangeburten in beiden Gruppen veröffentlicht. Zudem kommt die Studie zu dem Ergebnis, dass die mütterliche Körperposition während der Wehen einen positiven Einfluss auf die Selbstbestimmtheit der Frauen hat. Je häufiger die Frau aufrechte Positionen einnimmt, desto selbstbestimmter empfindet die Frau die Geburt. Der Be-Up-Gebärraum ist genauso sicher wie ein herkömmlicher Gebärraum. Das Fehlen eines Kreißsaalbettes stellt also bei einer risikoarmen Geburt kein Risiko für Mutter und Kind dar.