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Warum Säuglinge keinen Honig bekommen dürfen

06.2019 (Aktualisierung der Redaktion)
Autor Dr. J. Hower, Pädiater

Eltern führen gelegentlich ihrem Säugling Honig mit der Nahrung zu, um ihm damit etwas Gutes zu tun. Die Gefahr besteht, wenn dies auch selten der Fall ist, dass der Honig Clostridium botulinum enthält und sich im Säuglingsalter (nicht im Kindes- und Erwachsenenalter) Säuglingsbotulismus entwickelt kann. Bei erkrankten Säuglingen sind Lähmungen der Schluck- und Augenmuskulatur bis hin zur Atemlähmung zu beobachten, weshalb eine sofortige Notfall-Behandlung angezeigt ist.

Das Gift von Clostridium botulinum (Cb) führt nach Aufnahme im Darm über den Blutweg zu einer schlaffen Lähmung der Muskulatur und Störung der Erregungsübertragung autonomer Nerven durch irreversible Bindung an cholinerge Synapsen. Verschiedene Varianten des Toxins werden von A-G klassifiziert, wobei die Toxine vom Typ A, B, E und F den humanen Botulismus verursachen.

Mehrere Formen des Botulismus

  • Über die Nahrungsmittelkette übertragener Botulismus, bei dem fertiges Toxin resorbiert wird.
  • Wundbotulismus, bei dem es zur Wundbesiedlung kommt.
  • Säuglingsbotulismus (SB), bei dem Clostridium-Sporen aufgenommen werden, die erst im Säuglingsdarm auskeimen und dort das hochgiftige Toxin bilden.

Der Säuglingsbotulismus ist eine Sonderform des Botulismus. Die Clostridium Sporen können aus unterschiedlichen Quellen aufgenommen werden. Dazu gehören Erde, Zisternenwasser, Staub und Nahrungsmittel. Honig ist dabei nur eine Möglichkeit. Der Honig selbst wirkt zwar keimtötend, kann aber Sporen enthalten, die im Säuglingsdarm auskeimen können.

Krankheitshäufigkeit & Vorkommen Prävalenz

In den europäischen Ländern wurden seit 1993 nur Einzelfälle beschrieben. Ein auffälliges Merkmal des SB ist die Altersverteilung: Etwa 95% aller Fälle treten im Alter zwischen 3 Wochen und 6 Monaten auf. Damit ähnelt das zeitliche Muster dem plötzlichen Kindstod. Ein Zusammenhang wird vermutet, ohne dass dieser bisher zweifelsfrei nachgewiesen werden konnte.
Da die Sporen beinahe überall in der Umwelt zu finden sind, dürften sie häufig von Kindern aufgenommen werden, ohne dass es zu klinischen Symptomen kommt. Der Darm des Säuglings scheint, besonders anfällig für ein Auskeimen mit der Nahrung aufgenommener, Toxin bildender Clostridium-Sporen zu sein. Die Sporen dürften mehrheitlich über Staubpartikel aufgenommen werden. Eltern können jedoch eine Ursache des SB, die für weniger als 5% der Fälle verantwortlich ist, ausschalten:
Kindern unter einem Jahr sollten sie keinen Honig verabreichen!
Honig ist sicher für ältere Kinder und Erwachsene, die, soweit wir wissen, nicht über die Aufnahme von Cb-Sporen erkranken.

Kalifornische Untersucher haben in Stichproben handelsüblichen Honigs in etwa 10% Cb-Sporen nachgewiesen. Da viele Säuglinge den Sporen von Cb ausgesetzt sind, ohne zu erkranken, scheinen, individuelle Risikofaktoren (Ernährung, Mikrobiom) das Erkrankungsrisiko zu beeinflussen. Eine minimale Infektionsdosis ist nicht bekannt. Es wird aufgrund von untersuchtem Honig vermutet, dass 10 bis 100 Sporen für eine Infektion ausreichen können.

Symptome

Nicht immer wird die Infektion klinisch erkannt. Das erste Zeichen für einen SB ist meist eine Obstipation, gefolgt von Trinkschwierigkeiten, Lethargie und Atemlähmung. Leichtere Krankheitsverläufe werden möglicherweise oft übersehen. Die Mortalitätsrate liegt bei 2%. Das Krankheitsbild hält oft sehr lange an. Die Säuglinge erholen sich aber meist vollständig.

Referenzen:
Robert Koch Institut. Epidemiologisches Bulletin. Mai 2018; Nr. 20: 189- 198
U.S. Food & Drug Administration (FDA). Bad Bug Book: Foodborne Pathogenic Microorganisms and Natural Toxins Handbook Clostridium botulinum.