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Zusatzstoffe in der Nahrung – eine Zeitbombe?

09.2024
Autor Dr. Martin Claßen, Bremen

Mit zunehmendem Angebot industriell gefertigter Nahrungen, die in einer Gesellschaft aufgrund von leichter Zubereitung, Geschmack und Werbung zunehmend konsumiert werden, erhöht sich auch die Zufuhr von Inhaltsstoffen, die diese Nahrungsmittel haltbarer machen, ihnen eine attraktivere Farbe oder Textur verleihen oder den Geschmack verbessern. Nicht alle dieser Stoffe haben einen Nährwert. In westlichen Industrieländern erfolgt mehr als die Hälfte der täglichen Kalorienzufuhr bei Kindern über ultra-prozessierte Nahrungen mit den entsprechenden Additiven.
Insbesondere Azo-Farbstoffe, Benzoate und Salizylate haben im Tierversuch neurotoxische Effekte und stehen im dringenden Verdacht, bei Kindern mit ADHS einen negativen Effekt auf das Verhalten zu haben. Künstliche Süßungsmittel wie Sucralose, Acesulfam und Saccharin erhöhen bei Erwachsenen das Risiko, an Depressionen oder kardiovaskulären Störungen zu erkranken, und bei Kindern das Risiko für Adipositas. Emulgatoren haben negative Effekte auf die Darmbarriere und das Darmmikrobiom. Eine hohe Zufuhr ultra-prozessierter Nahrung erhöht das Risiko für einen M. Crohn erheblich.

Kommentar: Wegen der enormen Bedeutung dieses Themas haben wir dieses lesenswerte Review Paper hier mit aufgenommen. Die Gefahr von Zusatzstoffen in der Nahrung gerade in der Kindheit wird vom Autor als „Zeitbombe“ bezeichnet. Es ist unbedingt notwendig, die Zusatzstoffe mit gefährlichem Potential und fehlendem Nutzen aus den Nahrungsmitteln zu verbannen. Das könnten die Aufsichtsbehörden wie die European Food Safety Authority (EFSA) veranlassen. Darüber hinaus müsste aber die Forschung intensiviert werden, um die Unbedenklichkeit jedes einzelnen Zusatzstoffes eindeutig nachzuweisen.

Der Konsum ultra-prozessierter Nahrung muss in allen Bereichen so weit wie möglich eingeschränkt werden. Das gilt insbesondere für Gemeinschaftsverpflegungen in Kindergärten, Schulen, Kinderkliniken etc. Gesundheitserziehung muss auf die Gefahren industriell gefertigter Nahrungen mit Additiven eingehen. Werbeeinschränkungen für die Zielgruppe Kinder sind schon lange überfällig und es ist aus wissenschaftlicher Sicht unverständlich, warum die Politik bei der Faktenlage nicht reagiert, auch um zukünftige Kosten im Gesundheitswesen zu vermeiden.
Bio-Qualität bei den Nahrungsmitteln und frische Zubereitung bleiben der Goldstandard für Kinderkost!

Referenzen:
Warner JO. Artificial food additives: hazardous to long-term health. Arch Dis Child. 2024 Feb 29:archdischild-2023-326565. doi: 10.1136/archdischild-2023-326565.