03.2023
Autorin Dr. Stephanie Ruf, Ernährungswissenschaftlerin
Der Arbeitskreis Netzwerk Gesund ins Leben bestehend aus Institutionen der Pädiatrie, Ernährungswissenschaft, Gynäkologie und Hebammenwissenschaften fasst den aktuellen wissenschaftlichen Stand zu vegetarischen Kostformen in der Kinderernährung zusammen. Diese Auswertung methodisch wertiger Studien führt zu evidenzbasierten Aussagen und trägt zu einer klaren Diskussionsgrundlage bei der Beratung von Eltern bei.
Kernaussagen zur vegetarischen Ernährung bei Kindern
- Nach aktueller Studienlage ist eine vegetarische Kostform bei Kindern in Deutschland nicht bedenkenlos. Der Nährstoffbedarf kann unter Einbezug von mit Milch/-produkten und Eiern gedeckt werden, wenn die Ernährungsweise sehr ausgewogen gestaltet wird. Das Risiko einer Nährstoffunterversorgung (Eisen & Zink) und damit einhergehend ein Risiko für Wachstum und Entwicklung, steigt aber mit dem Weglassen von Lebensmittelgruppen.
- Je restriktiver, je einseitiger die Ernährungsform, umso eher müssen Nährstoffe dauerhaft supplementiert werden. Je jünger das Kind ist, umso höher das Risiko für eine Mangelversorgung.
- Für die Zeit des Wachstums und der Entwicklung wird von einer streng veganen Ernährung abgeraten, da sie zu einem erhöhten Risiko für Entwicklungsstörungen führt! Bei dieser Kostform ist Beratung durch Pädiater oder Ernährungsfachkräfte, sowie eine dauerhafte und differenzierte Substitution von Nährstoffen erforderlich.
Sicher ernährt!
Das bewährte Ernährungskonzept des Forschungsdepartment Kinderernährung (FKE) versorgt den Säugling bis hin zum Jugendlichen adäquat, so dass sich Kinder in Wachstum und Entwicklung gut entfalten können.
Die Ernährung soll zum Großteil aus pflanzlichen Lebensmitteln bestehen und durch moderate Mengen tierischer Lebensmittel ergänzt werden, die wichtige Nährstoffe liefern, wie:
• Milchprodukte: Calcium & Jod
• Fleisch: Eisen, Vit. B12, Zink
• Seefisch: Jod & langkettige, mehrfach ungesättigte Omega-3-Fettsäuren
Vegetarische Kostformen
Lacto-ovo-Vegetarier
Wird Fleisch und Fisch abgelehnt, werden Nährstoffe wie Eisen, Zink, Vitamin B12 (Fleisch), Jod und langkettige mehrfach ungesättigte Fettsäuren reduziert aufgenommen.
Für Kinder und Jugendliche liegt generell kein erhöhtes Risiko für Wachstums- und Entwicklungsstörungen vor. Allerdings müssen die Personen individuell genau betrachtet werden, wenn unter vorheriger Mischkost bereits ein Nährstoffmangel vorlag (z.B. bei Säuglingen im zweiten Lebenshalbjahr oder bei weiblichen Jugendlichen).
Für die Säuglingszeit (Risikophase) ist die Datenlage unzureichend, deshalb ist eine individuelle Ernährungsanamnese angebracht, ggf. auch mit ergänzenden Labordaten (Eisenstatus).
Veganer
Bei rein pflanzlicher Kost drohen Nährstoffdefizite (Calcium, Jod, Eisen, Vitamine B2, B12 und D) und Energiemangel. Das Risiko für Entwicklungsstörungen ist erhöht!
Stillen vegane Mütter, ist besonders die unzureichende Vitamin B12-Aufnahme des Säuglings ein Problem, da es zu irreversiblen neurologischen Schäden kommen kann.
Empfehlung für Pädiater:
- Kontinuierliche differenzierte Supplementierung
- Beratung der Familie
- Ernährungsprotokoll-Führung um Risikonährstoffe zu erkennen
- Dokumentation des Wachstums- und Entwicklungsverlaufs
Das Netzwerk Junge Familie lehnt die vegane Ernährung von Säuglingen ab, um die Gesundheit nicht zu gefährden. Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung schließt neben Säuglingen auch das Kindes- und Jugendalter sowie Schwangere und Stillende mit in die Risikogruppe ein.