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Aktuelle Studie des Max Rubner-Instituts bestätigt: immer noch ungünstige Nährstoffzufuhr von Klein- und Vorschulkindern

02.2024
Autor Dr. Markus Brüngel

Die Nährstoffzufuhr von Klein- und Vorschulkindern in Deutschland ist bei einigen Nährstoffen weiterhin als ungünstig einzustufen. Zu diesem Schluss kommt eine aktuelle Publikation der KiESEL-Studie* des Max Rubner-Instituts in Karlsruhe [1].
Untersucht wurden die Energie- und Nährstoffaufnahme von 890 Klein- (1-2 Jahre alt) und Vorschulkindern (3-5 Jahre alt) anhand von den Eltern geführten Ernährungsprotokollen. Die erhobenen Daten wurden mit den „Dietary Reference Values“ (DRV) der European Food Safety Authority (EFSA) verglichen.
Wie bereits in früheren Studien festgestellt, zeigten auch die aktuellen Daten für manche kritische Nährstoffe eine unzureichende Versorgung, für andere, eher unerwünschte, eine zu hohe Versorgung.
Zu niedrig ist weiterhin die Aufnahme von Vitamin D (6-9% der DRV) sowie Jod (57-65% der DRV). Bei den Kleinkindern kommt noch das Eisen hinzu (75% der DRV) und bei den Vorschulkindern das Calcium (67-77% der DRV). Als zu hoch betrachten die Forscher die Zufuhr an gesättigten Fettsäuren (14-16 Energie%) sowie an Protein (2,1-2,6 g/kg KG/Tag).
Die Ernährung spielt im frühen Lebensalter eine besonders wichtige Rolle, da sie Langzeiteffekte auf die Gesundheit im späteren Leben hat. Die beobachteten Dysbalancen sind daher besorgniserregend, so die Autoren der Studie. Angeregt wird u.a. eine verlängerte Vitamin D-Supplementierung sowie die stringentere Verwendung von jodiertem Speisesalz.

Kommentar: Gegenüber früheren Studien zu dem gleichen Thema liefern diese Daten der KiESEL-Studie keine neuen Erkenntnisse [2,3,4]. Insbesondere Vitamin D und Jod bleiben die kritischen Nährstoffe im Sinne einer zu geringen Aufnahme. Bei den Kleinkindern kommt das Eisen als kritischer Nährstoff hinzu, was in Anbetracht der wichtigen Funktion des Spurenelements für die kognitive Entwicklung bedeutsam ist. Als Ursache für die beobachtete unzureichende Calciumversorgung der Vorschulkinder wird ein niedriger Milchkonsum diskutiert. Die Kinder mehr Milch trinken zu lassen, könnte das Calcium-Problem ggf. lösen. Aber das wäre zu kurz gedacht, denn mehr Milch liefert auch mehr gesättigte Fettsäuren und Protein, die die Kinder ohnehin schon zu viel aufnehmen. Einen Lösungsansatz könnten industrielle Kindermilchen (Young child formulas) darstellen. Diese enthalten Calciummengen wie eine Kuhmilch, sind aber mit kritischen Nährstoffen wie Vitamin D, Jod und Eisen angereichert. Auf der anderen Seite enthalten sie aber auch deutlich weniger gesättigte Fettsäuren und Protein im Vergleich mit einer Kuhmilch.
Dass eine Kindermilch messbar die Versorgung mit Vitamin D bzw. Eisen verbessern kann, wurde bereits in zwei Studien belegt [4,5]. Die Ernährungskommissionen der DGKJ und der ESPGHAN sehen Kindermilchen als eine Option, die Nährstoffzufuhr von Kleinkindern zu verbessern [6,7]. Die aktuellen Daten der KiESEL-Studie geben Anlass, darüber verstärkt nachzudenken.

* KiESEL: Kinder-Ernährungsstudie zur Erfassung des Lebensmittelverzehrs

Referenzen
[1] Burgard L et al.: Unfavorable nutrient intakes in children up to school entry age: results from the nationwide German KiESEL study. Front. Nutr 2024. 10:1302323. doi: 10.3389/fnut.2023.1302323
[2] Thamm M et al.: Iodine intake in Germany. Results of iodine monitoring in the German Health Interview and Examination Survey for Children and Adolescents (KiGGS). Bundesgesundheitsblatt Gesundheitsforschung Gesundheitsschutz 2007; 50: 744–749
[3] Hintzpeter B et al.: Higher prevalence of vitamin D deficiency is associated with immigrant background among children and adolescents in Germany. J Nutr 2008; 138: 1482–1490
[4] Bundesinstitut für Risikobewertung: BfR entwickelt neues Verzehrsmodell für Kinder. www.bfr.bund.de/cm/343/bfr_entwickelt_neues_verzehrsmodell_fuer_kinder.pdf
(Stand 02.05.2005; abgerufen am 14.02.2024)
[5] Hower J et al.: Vitamin D fortification of growing up milk prevents decrease of serum 25-hydroxyvitamin D concentrations during winter: a clinical intervention study in Germany. Eur J Pediatr 2013; 172(12): 1597–605
[6] Akkermans M et al.: A micronutrient-fortified young-child formula improves the iron and vitamin D status of healthy young European children: a randomized, double-blind controlled trial. Am J Clin Nutr 2017; 105(2):391–399
[7] Koletzko B et al.: Folgenahrungen für Kleinkinder im Alter von einem bis 3 Jahren (sog. Kindermilchgetränke). Stellungnahme der Ernährungskommission der Deutschen Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin (Aktualisierung April 2017). Monatsschr Kinderheilkd 2018; 166:57–61.
[9] Hojsak I et al.: Young Child Formula: a position paper by the ESPGHAN Committee on Nutrition. JPGN 2018; 66: 177–85