02.2020
Autor Dr. Jürgen Hower, Pädiater aus Mühlheim a.d. Ruhr
Viele Untersuchungen lassen vermuten, dass die Ernährung im Säuglingsalter eine Rolle bei der zunehmenden Prävalenz von allergischen Erkrankungen und Asthma spielt. Studien haben gezeigt, dass sich das spätere Allergie- und Atopie-Risiko vermindern lässt, wenn bereits im ersten Lebensjahr Joghurt, Butter, Gemüse und Früchte in die Nahrung eingeführt werden. Es ist bisher unklar geblieben, ob kurzkettige Fettsäuren als Mediatoren zu diesem Ergebnis beitragen.
Wie entstehen kurzkettige Fettsäuren?
Kurzkettige Fettsäuren sind Metaboliten, die in bestimmten Lebensmitteln (z.B. Molkereiprodukten) direkt vorkommen oder durch Fermentation von Fasern (z.B. in Vollkornprodukten, Gemüse und Früchten) von Mikroorganismen im Darm produziert werden.
Welche Bedeutung haben sie für den Darm?
Tierexperimentelle und klinische Beobachtungen haben gezeigt, dass die Fermentierung nicht anders verdaubarer Kohlenhydrate (z.B. Fasern und Stärke) über das intestinale Mikrobiom zu kurzkettigen Fettsäuren wie Acetaten, Propionaten und Butyraten führt. Diese Fettsäuren spielen eine wichtige Rolle im zellulären intestinalen Energiestoffwechsel, bei den Barrierefunktionen und bei der intestinalen Homöostase.
Studiendesign: Die Autoren haben den Gehalt an kurzkettigen Fettsäuren in Stuhlproben einer Geburtskohorte von 301 einjährigen Kindern im Zusammenhang mit ihrer Ernährung und später auftretenden Allergien und Asthma analysiert. Daten zur Nahrungsexposition und zu späteren allergischen Erkrankungen wurden über Fragebögen erhoben.
Darüber hinaus wurden Mäuse mit den Fettsäuren behandelt, um ihre Wirkung auf allergisch bedingte Atemwegsentzündungen zu untersuchen.
Ergebnisse: Die Autoren konnten signifikante Zusammenhänge zwischen dem Gehalt an kurzkettigen Fettsäuren und der Säuglingsernährung nachweisen. Kinder mit dem höchsten Gehalt an Butyrat (Buttersäure) und Propionat (Propionsäure) im Stuhl wiesen im Alter von einem Jahr eine deutlich geringere atopische Sensibilisierung auf und hatten eine geringere Wahrscheinlichkeit, im Alter zwischen 3 und 6 Jahren an Asthma zu erkranken. Kinder mit den höchsten Butyrat-Werten zeigten auch ein geringeres Risiko für eine Lebensmittelallergie und/oder allergische Rhinitis.
Tiermodell: Die orale Verabreichung von kurzkettigen Fettsäuren an Mäuse reduzierte signifikant die Schwere einer allergischen Atemwegsentzündung.
Strategien zur Erhöhung des Spiegels an kurzkettigen Fettsäuren könnten eine neue diätetische Vorsorgeoption zur Vermeidung allergischer Erkrankungen bei Kindern sein.
Referenzen
Roduit C et al. High levels of butyrate and propionate in early life are associated with protection against atopy. Allergy 2019 Apr; 74(4): 799-809
Roduit C et al. Increased food diversity in the first year of life is inversely associated with allergic diseases. J Allergy Clin Immunol 2012; 133: 1056-1064