09.2021
Autorin Violetta Brauksiepe, B.Sc. Hebammenwissenschaften, Hebamme aus Essen
Wochenbettwehen
Gemeinsam bilden die puerperale Dauerkontraktion, Nachwehen und Reizwehen (Stillwehen) die Wochenbettwehen und sind Teil des physiologischen Rückbildungsprozesses. Nachwehen schließen sich der Plazentageburt an und fördern zusätzlich zur Dauerkontraktion über einen Zeitraum von bis zu fünf Tagen postpartum in unregelmäßiger Frequenz die Verkleinerung des hypertrophierten Uterus sowie den Abgang der Lochien (Geist, 2012). Reizwehen werden zusätzlich durch Manipulation des Uterus, Kontraktionsmittel sowie den Saugreflex des Neugeborenen ausgelöst. Reizwehen, in diesem Kontext Stillwehen genannt, werden durch Oxytocinausschüttung ausgelöst und fördern die physiologische postpartale Rückbildung. Intensität und Häufigkeit sind individuell und nehmen mit zunehmender Stilldauer ab (Harder, 2011).
Individuelles Empfinden
Nach vaginaler Geburt berichten 70 Prozent der Frauen über Nachwehen. Diese können als leichte bis hin zu sehr schmerzhaften (geburtsähnlichen) Unterbauchschmerzen wahrgenommen werden und nehmen meist mit jeder Geburt an Stärke zu (Lorenz, 2016). Die Studie von Evcili & Didem (2019) zeigt, dass postpartale Schmerzen den gesamten Stillprozess negativ beeinflussen können. Vereinzelt können Wochenbettwehen hypotone Kreislaufreaktionen auslösen (Rhodes, 1966). Das Empfinden von Nachwehen ist sehr individuell und wird durch verschiedene Einflussfaktoren bestimmt: Dazu gehören die Erfahrung der Mutter, Vorerkrankungen, Schmerzempfindlichkeit, Überdehnung des Uterus (Mehrlingsschwangerschaft) sowie soziokulturelle Faktoren (Lorenz, 2016).
Wenn der Schmerz eine andere Ursache hat
Wenn Bauchbeschwerden nicht mit den grundlegenden Eigenschaften von Wochenbettwehen einhergehen, sich fieberhafte Verläufe und /oder eine Verschlechterung des Allgemeinzustandes zeigen, sollte umgehend differenzialdiagnostisch untersucht werden. Hierbei muss immer an eine Infektion des Uterus gedacht werden! Weitere Differenzialdiagnosen sind u.a.: Endometritis, Endomyometritis, Lochialstau, Wundheilungsstörungen, Gastroenteritis, Appendizitis, Harnverhalt, Pyelonephritis, Pneumonie (Lorenz, 2016).
Therapien
Es gibt zwar keine Leitlinien zur Behandlung von Wochenbettschmerzen (Lorenz, 2016), doch können verschiedene komplementärmedizinische Therapien sowie schulmedizinische Behandlungen zur Therapie herangezogen werden:
- Wärmende Kleidung ist ebenso hilfreich wie eine Wärmflasche im Kreuzbein und Unterbauch (CAVE: Verbrennungsgefahr nach Sectio, da verändertes Schmerzempfinden!).
- Für Vollbäder, Tees und Bauchwickel empfiehlt Harder (2016), Kamille, Gänsefingerhut oder Himbeerblätter zu verwenden.
- Calvert & Stehen (2007) berichten vom positiven Einfluss homöopathischer Mittel: Spascuprel als Komplexmittel, Chamomilla, Arnica und Caulophyllum.
- Eine volle Blase hebt den Uterus und verstärkt den Schmerz, daher sollten Mütter im Wochenbett alle zwei bis drei Stunden die Blase leeren.
- Die Mutter sollte über die physiologische Funktion der Wochenbettwehen beraten und aufgeklärt werden.
- Ruhiges und entspanntes Atmen wirkt krampflösend.
- Als Schmerzmittel eignen sich Paracetamol und Ibuprofen, die Höchstgrenzen sind immer in Abhängigkeit von Gewicht und Vorerkrankungen der Frau festzulegen (Lorenz, 2016).