07.2018
Dr. Stephanie Ruf
In vielen Industrienationen ist die späte Mutterschaft durch den beruflichen Werdegang der Frauen, Entwicklungen in der Reproduktionsmedizin und sicheren Verhütungsmittel bedingt.
Eine einheitliche, länderübergreifende Altersgrenze für späte Erstgebärende gibt es nicht. In Deutschland ist seit 2007 in der Mutterschaftsrichtlinie die Erstgebärende ab dem 35. Lebensjahr in den Risikokatalog A zugeordnet. Ab diesem Alter steigt das Risiko für Infertilität, Chromosomenstörungen, Schwangerschaftskomplikationen wie Präeklampsie oder Gestationsdiabetes. Auch die Geburt unterliegt einem höheren Komplikationsrisiko (z.B. Lageanomalien, Frühgeburt), gefolgt von einer deutlich erhöhten Sectiorate.
Studien zeigen, dass sich ab dem 35. Lebensjahr das Risiko für eine Schnittentbindung gegenüber jüngeren Frauen (< 30 Jahre) verdoppelt. Die hohe Sectio-Rate wird von Ritzinger et al. (2011) kritisch bewertet, denn häufig entstehe bei Geburtshelfern, aus Sorge um das Kind älterer Erstgebärender, eine höhere Bereitschaft zur Sectio. Zugleich trifft diese Entwicklung auf die Wunschsectio von werdenden Müttern, die sich aus Angst vor Komplikationen dadurch mehr Sicherheit versprechen. Dies trifft besonders auf Frauen >45 Jahren zu, die oftmals eine längere Behandlung wegen Sterilität hinter sich haben.
Ein weiteres Problem kann sich durch das Geburtsgewicht ergeben: Die Neugeborenen von älteren Frauen neigen zu Übergewicht. Eine Studie bei Frauen ab dem 40. Lebensjahr stellte eine höhere Makrosomie-Rate (≥ 4.500g) fest. Makrosomie führt zu vermehrten vaginal-operativen und Sectio-Entbindungen.
Fazit:
Die Hebamme kann durch ihr professionelle Beratung der angehenden Mutter/ Eltern Mut zur Vaginalgeburt zusprechen. Die Autorin B. Kleinhans betont bei der individuellen Risikoeinschätzung die umfassende Betrachtung der Frau: Neben dem tatsächlichen Alter ist auch das biologische Alter, das u.a. durch den Lebensstil (gesunde Ernährung, moderater Sport) geprägt ist, für die Schwangerschaft von Bedeutung.
Geburtshilfliche Pathologien sind ernst zu nehmen, aber unbegründete Ängste von Frauen vor einer Spontanentbindung, die häufig durch Fehlinformation zustande kommen, ist zu begegnen.
Referenz:
Kleinhans B. Immer mehr „späte Erstgebärende“. Österreichische Hebammenzeitschrift 2018; 02: 19-22.
Ritzinger P, Dudenhausen JW, Holzgreve W. Späte Mutterschaft und deren Risiken. Journ. für Reproduktionsmed. & Endokrinologie 2011; 8: 112-122.