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Plagiozephalus: Therapiemöglichkeiten von abgeflachten Köpfen bei Säuglingen

02.2020
Autorin Christina Altmann, Hebamme aus Bremen

Eine häufige Frage betreuter Eltern an die Hebamme betrifft die Kopfform ihres Kindes. Viele beobachten einen abgeflachten Hinterkopf und sind verunsichert. Abgesehen vom unerwünschten kosmetischen Aspekt fragen sie sich, ob Folgen zu erwarten sind und ob etwas dagegen getan werden kann. Auch in Fachkreisen sind die Empfehlungen hierzu unterschiedlich. Welchen Einfluss hat die Lagerung des Kindes auf die Entwicklung der Kopfform?

Problematik der Rückenlagerung

Als 1991 für Säuglinge das Schlafen in ausschließlicher Rückenlage zur Vermeidung des plötzlichen Kindstodes (SIDS) empfohlen wurde, stieg die Anzahl der Säuglinge mit lagebedingtem Schiefschädel (Plagiozephalus) signifikant an. Studien zufolge sind 16 % der Säuglinge im Alter von 6 Wochen davon betroffen (Stoevensandt et al., 2018).

Dabei gilt es den lediglich abgeflachten Hinterkopf (Brachyzephalus) und die Abflachung zu einer Seite hin (Plagiozephalus) zu unterscheiden. Hierbei kommen sowohl die kongenitalen (angeborenen) als auch die lagebedingten Schädeldeformationen vor. Beide sind jedoch mit den gleichen Maßnahmen gleich effektiv zu therapieren.

Negative Auswirkungen von Schädeldeformationen

Ob die Korrektur einer Schädeldeformation im Säuglingsalter überhaupt notwendig ist, wird unterschiedlich bewertet. Dem Brachyzephalus werden generell keine gesundheitlichen Auswirkungen zugeschrieben. Lediglich bei Ausbildung einer seitlichen Schiefstellung des Schädels werden negative Folgen und infolgedessen Therapieoptionen diskutiert: Neben der Einschätzung, dass es sich lediglich um ein kosmetisches Problem handele, gehen andere Ansichten von möglichen Folgeschäden wie eingeschränkten motorischen Fähigkeiten oder Fehlstellungen von Wirbelsäule und Zähnen aus. Verschiebt sich der knöcherne Hinterkopf zur Seite, folgen ihm Ohrachse und Kiefergelenke, was zu oben genannten Problemen führen kann (Stoevesandt et al., 2018).

Durch die aktuellen Schlafempfehlungen und die daraus resultierende ständige Rückenlage bilden sich häufig Vorzugshaltungen („Lieblingsseiten“) des Säuglings aus, die während der Wochenbettbetreuung auch durch die Hebamme beobachtet und abgefragt werden. Diese Vorzugshaltungen sollten durch die variable Lagerung des Kindes in den ersten drei Lebensmonaten vermieden werden (Stoevesandt et al., 2018).

Therapieoptionen bei Plagiozephalus

Hat sich trotzdem ein lagebedingter Plagiozephalus ausgebildet, sind Interventionen umso wirksamer, je früher sie beginnen. Als Therapie der Wahl eignet sich die physiotherapeutische Behandlung in Verbindung mit einer Schulung der Eltern zum Thema Wechsellagerung. Das Kind sollte während des Therapiezeitraums in einer stabilen, mit Handtuchrollen gestützten Seitenlage schlafen. Durch die Lagerungstherapie werden auch Ohrachse und Kiefergelenke mitkorrigiert.

Babykopfkissen mit Mulde und individuell angefertigte Helmorthesen haben dagegen in empirischen Erhebungen keine überzeugende Wirkung zur Korrektur einer Schädeldeformation gezeigt (Stoevesandt et al., 2018).

Fazit

Im Optimalfall nutzt die Hebamme die Möglichkeit, bereits in der Schwangerschaft mit dem Paar über die Wochenbettzeit und den Umgang mit dem Säugling zu sprechen. In diesem Rahmen sollte die Wechsellagerung des Kindes nicht nur hinsichtlich der Vermeidung des plötzlichen Kindstodes, sondern auch zur Vorbeugung einer Schädeldeformation besprochen und geübt werden.

Referenz
Stoevesandt K., Ma H., Beyer U., Zhang H., Jorch G. (2018). Lagerungsplagiozephalus beim Säugling – Epidemiologie, Pathophysiologie, Prophylaxe, Diagnostik und Therapieoptionen. Monatsschrift Kinderheilkunde, 166(8), S. 675-682

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