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Lagebedingte Kopfdeformität beim Säugling: Prävention & Therapie

01.2018
Dr. Stephanie Ruf

Im frühen Säuglingsalter wird das Schlafen auf dem Rücken empfohlen, da es zur Risikoabsenkung des plötzlichen Kindstodes um 40% - 50% führt. Parallel zur Etablierung dieser Schlafposition haben aber auch lagebedingte Kopfdeformitäten des Säuglings um das Fünf- bis Sechsfache zugenommen. Mittlerweile weist jedes sechste Kind einen abgeflachten oder verformten Schädel auf. Zusätzlich kann es noch zu einer Asymmetrie des Gesichts kommen.
Es ist anzunehmen, dass viele Eltern davon ausgehen, die Rückenlage sei auch für den Wachzustand ideal. So kann es durch das stetige Liegen auf dem Rücken, bspw. auch unterstützt durch den langen Einsatz von Babywippen, zu einer Beeinträchtigung der Rückenmuskulatur kommen.
Die Autorin dieses Artikels und Physiotherapeutin Charlotte De Groote unterstreicht die Bedeutung der Bauch- und Seitenlage im Wachzustand unter Aufsicht, weil sie aus folgenden Gründen wichtig für die motorische Entwicklung sind:
- Förderung der Kopfkontrolle
- Stärkung der Rückenmuskulatur
- Möglichkeit des Drehens durch die Seitenlage
 
Bis zum zweiten Lebensmonat ist die permanente Rückenlage nicht physiologisch, bedenkt man, dass zuvor das Baby im Bauch in einer Beugehaltung verbracht hat. Das ständige strecken in Rückenlage (Überstreckung) kann zu muskulären Dysbalancen führen und zudem wird eine verkürzte Nacken- und Halsmuskulatur beobachtet.

Prävention: Eltern-Aufklärung

  • Klären Sie Eltern über die Bedeutung der Bauch- und Seitenlage im Wachzustand auf. Dem Baby wird mehr Bewegungspotential geboten, dies ist essentiell für die motorische Entwicklung. Zugleich entfällt der Druck auf den weichen Hinterkopf.
  • Dem Kind Umweltreize aus unterschiedlichen Richtungen anbieten.
  • Wechselnde Positionen beim Tragen, Waschen, Wickeln und Füttern.

Therapeutische Möglichkeiten
Bei Säugling bis vier Monaten kann durch die richtige Lagerungstechnik korrigierend eingegriffen werden:

  • Wenn eine Seite des Kopfes leicht abgeflacht ist, soll der Säugling von der Rückenlage aus auf die nicht abgeflachte Schädelseite gelagert werde. Dies gelingt zum Beispiel durch ein kleines aufgerolltes Handtuch, das unter die Schulter gelegt wird.
  • Die Umweltreize sollten aus der Gegenrichtung der Kopfabflachung kommen. Dies kann durch das Umstellen des Kinderbettes erfolgen und im Alltag beim Wickeln, Tragen u.ä. eingebunden werden.
  • Mehrmals am Tag den Säugling im Wachzustand unter Aufsicht auf den Bauch legen!

Diese Maßnahmen sollten über den fünften Lebensmonat hinaus durchgeführt werden.

Weitere Maßnahmen
Ärztliche Manualtherapie, Chiropraktik, Osteopathie und Physiotherapie.
In der Physiotherapie wird das Kind in der Bauchlage gestärkt, mit dem Ziel, dass es über die gestreckten Arme die Sitzposition erlangt.

Verbessert sich der Zustand nicht, kann noch vor dem 6. Lebensmonat als Ergänzung mit einer Helmtherapie begonnen werden. Diese ist nicht unproblematisch, da sie neben der emotionalen Belastung für die Eltern beim Kind zu Hautirritationen, Druckstellen, Schweiß  und ggf. sogar zu Beschwerden im Bereich der Nackenmuskulatur führen kann. Deshalb wird derzeit empfohlen, andere Therapieformen, wie die Physiotherapie, zu bevorzugen und den Helm nur als „letztes Mittel der Wahl“ einzusetzen.

De Groote C. Prävention und Therapie lagebedingter Kopfdeformitäten im frühen Säuglingsalter. Kinderkrankenschwester 36. Jg. (2017) Nr. 9.