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Die Information der Eltern über das Schreiverhalten von jungen Säuglingen reduziert die Inanspruchnahme des Notdienstes

Autor Dr. J. Hower, Pädiater

Bei den meisten Säuglingen, die wegen längeren Schreiens in der Notaufnahme von Krankenhäusern vorgestellt werden, kann keine organische Erkrankung nachgewiesen werden. Aus diesem Grund wurde in den öffentlichen kanadischen Krankenhäusern zwischen 2008 bis 2009 ein Programm implementiert, das Eltern über das Schreiverhalten gesunder Säuglinge und über die Gefahren des Schüttelns von Babies informierte. Die Eltern erhielten eine DVD und ein Büchlein nach der Geburt, über dessen Inhalt die Familienhebammen in der Nachsorge mit den Eltern diskutierten. Das Programm wurde von einer Medien-Kampagne begleitet.

Zur Evaluation der Wirksamkeit des Programms werteten die Untersucher die Daten der zentralen Kinderklinik für Säuglinge <6 Monate zwischen 2002 und 2012 aus. Erfasst wurde die Häufigkeit der Inanspruchnahme des kinderärztlichen Notdienstes wegen eines schreienden Säuglings ohne organische Erkrankung vor und nach der Implementierung des Programms.

Vor der Einführung des Programms betrug der Anteil schreiender Säuglinge 3,5% (724 Fälle) der Inanspruchnahme aller Vorstellungen (20.394) im kinderärztlichen Notdienst. Im Alter von 6 Wochen schrien die meisten Säuglinge, was den zuvor erhobenen Daten vergleichbar war. Nach der Implementierung des Programms nahm die Inanspruchnahme des Notdienstes vor allem in den ersten 3 Monaten signifikant um 29,9% (p<0,001) ab.

Die Kenntnis über altersentsprechendes Schreien von gesunden Säuglingen verringert die Inanspruchnahme des kinderärztlichen Notdienstes.

Referenz: Barr, RG et al. Education about crying in normal infants is associated with a reduction in pediatric emergency room visits for crying complaints. J Dev Behav Pediatr 2015 May, 36(4): 252-7

Kommentar: Schreiende Säuglinge führen bei Eltern zu Unsicherheit, Hilflosigkeit, Ängsten und Frustration. Das Eltern-Kind-Verhältnis wird belastet. Die Aufklärung der Eltern darüber, wie sie das Schreien ihrer Säuglinge interpretieren und wie sie damit umgehen sollen, vermeidet den unnötigen Besuch gesunder Säuglinge in einer Notambulanz. Gerade junge und unerfahrene Eltern müssen lernen, das Schreien und das Verhalten ihrer Säuglinge besser zu verstehen. Die Beurteilung kindlichen Schreiverhaltens und die elterliche Antwort, das Verstehen und Eingehen auf die kindlichen Signale, sind die Voraussetzungen für eine gesunde, sich entwickelnde Eltern-Kind-Beziehung. Die Studie von Barr et al. beweist den Nutzen von Informationsprogrammen für Eltern. Sie dienen nicht nur oft hilflosen Eltern, sondern ersparen der Gesellschaft auch unnötige Kosten.

Referenz: Barr, RG et al. Education about crying in normal infants is associated with a reduction in pediatric emergency room visits for crying complaints. J Dev Behav Pediatr 2015 May, 36(4): 252-7 Oldbury, S, Adams, K. The impact of infant crying on the parent-infant relationship. Community Pract 2015 Mar, 88(3): 29-34