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Babys richtig tragen

10.2015
Autorin Manuela Pinter, MSc Midwifery & Freie Hebamme, MBCP-Lehrerin

Am Ende des Wochenbettes angekommen fragen sich viele Eltern nach einer geeigneten Möglichkeit das Baby zu transportieren. Neben dem Kinderwagen und der Babytransportschale für das Auto entscheiden sich viele Eltern für die Möglichkeit das Baby zu TRAGEN. Die Entscheidung dafür fällt heutzutage nicht schwer, da diverse Möglichkeiten angeboten werden.

Die Eltern merken schnell, dass sie sich selbst damit etwas Gutes tun, aber auch die Nähe und Geborgenheit ist für das Baby sehr befriedigend. Der enge Körperkontakt hilft einen emotionale, vertrauensvolle Eltern-Kind-Bindung aufzubauen. Heute gilt es als selbstverständlich, dass körperliche Nähe für die Entwicklung des Babys wichtig ist.

Der neu zu gestaltende Alltag setzt den guten Vorsätzen häufig rasche Grenzen. In unserem Kulturkreis ist sehr oft die Mutter, die das Baby hauptsächlich trägt und schnell das Gefühl bekommt „zu nichts mehr zu kommen“. Die Vorbilder unserer Betreuungsgepflogenheiten sind oft noch geprägt von der vorherigen Generation, die andere Werte und Pflichten kannte. Als Hebammen werden wir im häuslichen Wochenbett in vielerlei Hinsicht damit konfrontiert.

Den häuslichen, familiären Alltag mit einem umgebundenen Kind zu bewältigen muss zu allererst einmal erlernt und erfahren werden. Das Tragen gibt Bewegungs- und Handlungsfreiheit und der Haushalt lässt sich ohne Unterbrechungen zufriedenstellender aufarbeiten. Das Tragen reduziert täglich Stress und bringt die Möglichkeit „feinfühliger“ auf die Bedürfnisse des Babys direkt einzugehen.

Beim Ausprobieren der vielen Tragemöglichkeiten unterstützen wir Hebammen die Familien und beraten sie.

Der wichtigste Hinweis hier sollte sein:

  • Niemals das Kind „nach vorne“, „in Fahrrichtung“ tragen!

Beim Spaziergang in der Natur oder auch in der Stadt sieht man diese Art des Tragens jetzt immer häufiger. Diese Tragweise wird von Herstellern von Komforttragen als modern und „trendy“ offeriert und so den Eltern suggeriert, dass sie damit ihren Babys etwas bieten. „Das Baby soll Kontakt mit der Welt aufnehmen“. Sogar bei Tragetuchanbietern gibt es hierfür Wickeltechniken. Auf tragende Väter wirkt das sehr stimmig, da er ja auch vorwärts in die Welt geht.

Viele Babys lehnen sich in der Trage bereits nach wenigen Wochen nach hinten, stemmen sich mit den Ärmchen gegen die Brust des Tragenden und wollen ganz offensichtlich genau das nicht. Wenn das Baby dann umgedreht wird und so dem Kind mehr geboten wird scheint es ihm auch besser zu gefallen: es rudert mit Armen und Füßen, begrüßen alles Entgegenkommende und scheinen begeistert davon zu sein.

Aus verschiedenen Gründen ist das überhaupt nicht günstig. Zunächst auf der körperlichen Ebene:

  • Der Oberkörper ist zu stark durchgedrückt und die Beinchen baumeln frei herunter. Für die noch nicht gefestigten Hüftgelenke ist das ungeeignet. Es sitzt nicht auf dem Windelpakt als Polsterung sondern hängt im Schritt in der Tragehilfe. Die noch weitgehende knorpelige Struktur des Beckens ist für diese Beanspruchung nicht vorgesehen. Schamgegend und Hoden werden zu stark belastet.

Auf der Sinnesebene wird das Baby einer Flut von Reizen wahllos ausgeliefert.

  • Wenn es sich ausruhen möchte kann es sich von der Umwelt nicht abwenden. Das Baby kann den Kopf nicht ablegen oder in der Brust des Tragenden vergraben und ist somit der Umwelt hilflos ausgeliefert.
  • Das Baby kann sich mit seinem Blick nicht mit dem Blick des Tragenden zurückversichern, dass alles gut ist.
  • Menschen haben auf ihrem Rücken die wenigsten taktilen Rezeptoren als in den meisten anderen Körperregionen. Das Baby spürt in dieser Region einfach weniger Nähe und ist somit mehr auf sich alleine gestellt.


In der Hebammenberatung sollten wir zum Beispiel in einem „Wochenbettgespräch“ deutlich Hinweise dazu geben und die Eltern intensiv darin unterstützen, eine für sie individuell zugeschnittene Tragehilfe zu finden. Auch in das „Entlass-Gespräch“ nach stationärem Wochenbettaufenthalt kann das Thema bereits miteinfließen. Das ist originäre Hebammenarbeit und sollte nicht anderen Berufsgruppen oder den Herstellern überlassen werden.

Quelle: Elterninfo 39 „Tragen“ DHZ 2015 ; E.Staude Verlag, Hannover