Kinder mit Anfallsleiden könnten von Vitamin-D-Supplementierung profitieren

02.2025
Autor Dr. Martin Claßen, Bremen

Die Gabe antikonvulsiver Medikamente stellt die wichtigste Maßnahme bei Kindern mit Anfallserkrankungen dar. Einige dieser Medikamente haben negative Einflüsse auf den Vitamin-D-Haushalt, so dass eine Überwachung des Vitamin-D-Status notwendig ist. In einer randomisierten, kontrollierten Studie in Saudi-Arabien wurden 163 Kinder von 2–16 Jahren mit bekannter Epilepsie, die sich unter Antikonvulsiva-Medikation befanden, mit zwei verschiedenen Dosierungen Vitamin D (400 IE versus 1000 IE) behandelt, nachdem im ersten Schritt ein bestehender Mangel von Vitamin D korrigiert wurde. Danach wurden die Kinder mit Spiegeln > 75nmol/l randomisiert, entweder 400 IE oder 1000 IE Vitamin D zu erhalten. Nach 3 Monaten erfolgte eine Kontrolle der Spiegel und Calciumstoffwechselparameter.
90 Kinder erhielten eine Antikonvulsiva-Monotherapie, 25 mehrere Antikonvulsiva. Bei Beginn der Studie hatten immerhin 74,2 % Vitamin-D-Spiegel < 75 nmol/l. Auch nach 6 Monaten fanden sich unter der niedrigen Dosis immer noch erniedrigte Spiegel bei 75 %, unter den 1000 IE bei 54,8 %. Der bemerkenswerteste Aspekt war allerdings die Erhöhung des Anteils anfallsfreier Kinder in der Monotherapie-Gruppe nach Korrektur des Vitamin-D-Mangels von 68/98 auf 82/98 (Anstieg von 69,4 % auf 83,7%).

Kommentar: Vitamin D spielt neben den Effekten auf Calciumhaushalt, Knochendichte und Knochenmasse in vielen Organen und Geweben eine wichtige Rolle. Dazu gehören Immunsystem, Darm, aber auch das Zentralnervensystem. Die Effekte einer routinemäßigen Supplementation werden allerdings sehr kontrovers diskutiert. Insofern erscheint es sinnvoll, angesichts der Häufigkeit eines Vitamin-D-Mangels und der potenziellen Effekte der Antikonvulsiva auf den Vitamin D-Spiegel auch die notwendige Dosis und die Effekte einer Supplementierung zu untersuchen. In älteren, unkontrollierten Studien gab es bereits Hinweise, dies könne einen Einfluss auf die Anfallshäufigkeit haben. Der in der Studie nachgewiesene Effekt auf die Anfälle erstaunt mich – er sollte in Mitteleuropa möglichst multizentrisch überprüft werden. Bis zum Vorliegen weiterer Daten spricht viel für die Gabe von mindestens 1000 IE Vitamin D an Kinder unter antikonvulsiver Therapie, zumindest im Winter. Bemerkenswert finde ich die hohe Rate unzureichender Spiegel (rund 75 %) in einem Land deutlich näher dem Äquator als Deutschland, wobei man über den „Normalwert“ auch noch kritisch nachdenken kann. Bemerkenswert finde ich auch die Tatsache, dass unter beiden Dosierungen ein Mangel oft persistierte, was ein Argument für eine höhere Substitutionsdosis wäre.

Referenzen:
Bashiri FA, Hudairi A, Hamad MH, Al-Sulimani LK, Al Homyani D, Al Saqabi D, Kentab AY, Al Khalifah RA. Vitamin D Supplementation for Children with Epilepsy on Antiseizure Medications: A Randomized Controlled Trial. Children (Basel). 2024 Sep 28;11(10):1187. doi: 10.3390/children11101187.