Autor Dr. J. Hower, Pädiater
Wenn auch genetische Faktoren das Adipositas-Risiko entscheidend mitbestimmen, so ermöglichen nur Umgebungsfaktoren auf die Adipositas-Entwicklung Einfluss zu nehmen. Nur ein Teil des individuellen Risikos scheint, dabei durch die Nahrungsaufnahme und die körperliche Aktivität bestimmt und ausreichend erklärt zu sein. Weitere Änderungen in den Lebensstil-Faktoren scheinen, zu diesem Risiko beizutragen. Einige Studien lassen vermuten, dass auch zu wenig Schlaf das Adipositas-Risiko bei Kindern und Erwachsenen erhöht. Landhuis et al. haben in einer Langzeit-Kohortenstudie den Zusammenhang zwischen der Schlafdauer im Kindesalter und dem BMI im Erwachsenenalter untersucht.
Methode: Die Studiengruppe bestand aus 1037 Teilnehmern (502 weiblich), die in Dunedin, Neuseeland, zwischen April 1972 und März 1973 geboren worden waren. Berichte der Eltern über die Schlafzeiten ihrer Kinder wurden im Alter von 5, 7, 9 und 11 Jahren gesammelt. Es wurde der Zusammenhang zwischen Schlafdauer und BMI im Alter von 32 Jahren untersucht.
Ergebnisse: Kürzere Schlafzeiten im Kindesalter waren signifikant mit einem höheren BMI im Erwachsenenalter assoziiert. Diese Assoziation blieb auch erhalten, wenn Schlafzeiten im Erwachsenenalter und andere Störvariablen, wie BMI im Kindesalter, sozioökonomischer Status, Fernsehzeiten im Kindes- und Erwachsenenalter, körperliche Aktivität und Rauchen berücksichtigt wurden. Umgekehrt waren längere Schlafzeiten im Kindesalter mit einem geringeren Risiko für eine Adipositas im Alter von 32 Jahren auch nach Ausschluss von Lebensstil-Faktoren assoziiert.
Schlussfolgerungen: Weniger Schlaf im Kindesalter erhöht das Langzeitrisiko für eine spätere Adipositas.
Referenz: Landhuis, C.E., et al., Childhood sleep time and long-term risk for obesity: a 32-year prospective birth cohort study. Pediatrics, 2008, 122(5): p. 955-60
Kommentar: Führt zu wenig Schlaf zu einer bis zur Adipositas führenden Gewichtszunahme im Kindes- und Erwachsenenalter? Diese Hypothese wird durch weitere Studien bestätigt. Wir wissen, dass ein ausreichender Schlaf sich positiv auf die Gesundheit auswirkt. Es ist aber bemerkenswert, dass er das Adipositas-Risiko vermindert. Dieser Zusammenhang wurde in einer aktuellen chinesischen Untersuchung bestätigt. Die Untersucher konnten an Jungen und Mädchen im Alter zwischen 13-18 Jahren zeigen, dass in dieser Altersspanne die Schlafdauer mit dem Adipositas-Risiko besonders ausgeprägt assoziiert ist. Dieser Zusammenhang konnte aber auch für andere Altersgruppen, wenn auch weniger stark ausgeprägt, bestätigt werden. Wie plausibel ist ein solcher Zusammenhang und wie lässt er sich erklären? Beobachtungen und experimentelle Untersuchungen haben gezeigt, dass kürzere Schlafzeiten und Schlafentzug mit einem Anstieg von Ghrelin, einem den Appetit stimulierenden Hormon, und einem Abfall von Leptin, einem den Appetit unterdrückenden Hormon, assoziiert sind. Schlafentzug greift offenbar in erheblichem Maße in die Regulation der Nahrungsaufnahme ein.
Referenz: Summerbell, C.D., et al., Interventions for preventing obesity in children. Cochrane Database Syst Rev, 2005(3): CD001871
Landhuis, C.E., et al., Childhood sleep time and long-term risk for obesity: a 32-year prospective birth cohort study. Pediatrics, 2008, 122(5): p. 955-60
Cao, M et al. Association between sleep duration and obesity is age- and gender-dependent in Chinese urban children aged 6-18 years: a cross-sectional study. BMC Public Health 2015 Oct, 15(1): 1029