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Bei Verdachtsdiagnose „Fieberkrampf“ kann unter bestimmten Voraussetzungen auf weiterführende Diagnostik verzichtet werden

04.2022
Autor Professor J. Spranger, Universitäts-Kinderklinik Mainz

„Fieberkrampf“ ist eine Ausschlussdiagnose. Auszuschließen sind entzündliche Ursachen des Krampfanfalls, in erster Linie Meningitiden. Zumindest bei einem ersten Fieberkrampf wird das krampfende Kind zu Lumbalpunktion, EEG, Labordiagnostik und bildgebenden Verfahren vielfach in eine Klinik eingewiesen.

Im Jahr 2011 hatte die Amerikanische Akademie für Kinderheilkunde eine Richtlinie erstellt, wann und unter welchen Umständen hierauf verzichtet werden kann. Zur Prüfung, inwieweit diese Richtlinie befolgt wurde und wenn ja, ob vermehrt Meningitiden unbehandelt blieben, wurden die im pädiatrischen Gesundheitsregister (PHIS) der Vereinigten Staaten erfassten Krankheitsdaten von fast 150.000 Kleinkindern mit einem ersten Fieberkrampf der Jahre 2005 bis 2019 ausgewertet [1].

Zunächst zeigte sich, dass sich der bereits 2005 begonnene Trend zum Verzicht auf eine weitgehende ambulante Diagnostik fortsetzte. In der gesamten Zeit waren fünf Meningitiden übersehen, d.h. zu spät erkannt und behandelt worden – eine Fehlerquote von 0,0033 %. Dieser Zahl wurde die durch die ambulante Behandlung erwirkte Senkung der Krankheitskosten gegenübergestellt. Sie sanken von 1523 $ pro Patient im Jahr 2005 auf 605 $ pro Patient im Jahr 2019.

Kommentar: Die Fieberkrampf-Leitlinie der amerikanischen Akademie für Kinderheilkunde [2] hält eine sofortige Lumbalpunktion für unverzichtbar bei Vorliegen neurologischer Auffälligkeiten des Kindes wie Nackensteifigkeit, Hirndruckzeichen, Kernig- oder Brudzinski-Zeichen. Mit etwas geringerem Nachdruck wird sie darüber hinaus empfohlen bei fehlendem Nachweis einer Pneumokokken- und HIB-Impfung sowie bei vorbestehender antibiotischer Behandlung. Generell hält die Richtlinie Blutuntersuchungen (Elektrolyte, Glukose, Blutbild), EEG, Rö-Schädel, CT, MR beim einfachen Fieberkrampf für überflüssig.

Referenzen
[1] Rhagavan VR, Porter JJ, Neuman MI, Lyons TW. Trends in Management of Simple Febrile Seizures at US Children’s Hospitals. Pediatrics 2021; 148: Pediatrics (5): e2021051517.
[2] AM Acad Pediat Clinical Practice Guideline – Febrile Seizures. Guideline for the Neurodiagnostic Evaluation of the Child with a Simple Febrile Seizure. Pediatrics 2011;127:389–394.