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Cannabis-Hyperemesis-Syndrom

11.2021
Autor Professor E. Harms, Universitäts-Kinderklinik Münster

Aus einer Abteilung für pädiatrische Gastroenterologie in Chicago kommt ein Bericht über 15 Jugendliche (16 – 22 Jahre, Durchschnittsalter 17,7 Jahre), die dort in einem Zeitraum von 16 Monaten wegen unstillbaren, therapieresistenten Erbrechens und Bauchschmerzen vorgestellt wurden [1]. Ösophagogastroduodenoskopie, z. T. auch Röntgenuntersuchungen bis Abdomen-CT, erbrachten allenfalls Nebenbefunde wie leichte Gastritis oder Ösophagitis, aber keine ursächliche Klärung. Die Patienten hatten in den letzten 6 Monaten bis zu 7 kg Gewicht verloren. Anamnestisch stellte sich bei allen Patienten ein erheblicher Cannabis-Konsum während der letzten Wochen und Monate heraus. Bei allen wurde das Cannabis-Abbauprodukt THC-Carbonsäure im Urin durch GC-MS in hoher Konzentration nachgewiesen (100 bis >500 ng/ml). Beweisend für dieses sogenannte Cannabis-Hyperemesis-Syndrom (CHS) geben die Autoren einen THC-Carbonsäure-Spiegel im Urin ab 100 ng/ml an. Typisch ist die ergebnislose gastroenterologische Diagnostik, die oft eine jahrelange Verzögerung der wirklichen Diagnose begleitet.

Kommentar: Gegenwärtig wird wieder intensiver über die Legalisierung von Cannabis-Konsum diskutiert. Zwar wird von den Befürwortern die Legalisierung nur für Erwachsene gefordert, aber dies würde wohl auch den illegalen Gebrauch unter Jugendlichen anregen. Rezidivierendes, therapieresistentes unstillbares Erbrechen bei Jugendlichen sollte daher immer der Anlass sein, den Urin auf THC-Carbonsäure zu testen. Dafür stehen kommerzielle Tests mit Nachweisgrenzen (cut off) von 20 bis 50 ng/ml zur Verfügung. Eine akute Symptomatik lässt sich mit über 90 % Erfolgsrate durch heißes Duschen oder Baden behandeln. Einzig langfristige Therapieoption ist der vollständige Verzicht auf Cannabis-Produkte.

Referenzen
[1] Cordova J, Biank V, Black E, et al. Urinary Cannabis Metabolite Concentrations in Cannabis Hyperemesis Syndrome. J Pediatr Gastroenterol Nutr 2021; 73: 520–522.