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Bauchschmerzen und Reizdarm – wie behandeln?

05.2024
Autor Dr. Martin Claßen, Bremen

Rezidivierende Bauchschmerzen gehören zu den häufigsten Vorstellungsgründen von Kindern beim Arzt. In den meisten Fällen liegen funktionelle Beschwerden zugrunde; insbesondere ist das Reizdarmsyndrom mit Änderungen der Stuhlbeschaffenheit und zeitlicher Bindung der Bauchschmerzen an die Defäkation häufig.
An Kindern mit einem Reizdarmsyndrom gemäß Rom-III-Definition und seltener bzw. erschwerter Darmentleerung wurde nun Linaclotid in einer Phase-2-Studie in den USA erprobt [1]. Linaclotid ist ein Guanylatzyklase-Aktivator und wirkt über eine Chloridkanalaktivierung prosekretorisch an der Darmschleimhaut und verbessert so die Stuhlkonsistenz. 101 Kinder wurden inkludiert und erhielten Linaclotid in 3 verschiedenen Dosierungen oder Placebo. Dosisabhängig kam es zur Steigerung der spontanen Stuhlentleerungen, allerdings unterhalb der Signifikanzgrenze, und in der Gruppe mit der höchsten Dosis auch zur Verbesserung der Schmerzsymptomatik. Die Studie war leider statistisch durch die Aufteilung in verschiedene Altersgruppen und Dosierungen nicht gut aufgestellt.

Kommentar: Das Reizdarmsyndrom kommt regelhaft vor und sollte auch bei Kindern häufiger diagnostiziert werden. Insbesondere die Obstipationskomponente ist gut behandelbar. Bei Erwachsenen wird Linaclotid in der Behandlung des obstipationsdominanten Reizdarmsyndroms bereits eingesetzt und in der Leitlinie für therapieresistente Fälle empfohlen [2]. Auch ist der Stoff für die Behandlung der chronischen Obstipation in den USA für Kinder zugelassen.
Hierzulande ist im Kindes- und Jugendalter sowohl beim obstipationsdominanten Reizdarmsyndrom als auch bei einer funktionellen Obstipation derzeit Macrogol Mittel der ersten Wahl – obwohl die wissenschaftliche Evidenz dafür fehlt. Es wäre gut, perspektivisch weitere Medikamente zu evaluieren. Dazu müsste sich Linaclotid, insbesondere bezüglich der Schmerzsymptome, in größeren Studien auch gegenüber Macrogol beweisen. Es sei an der Stelle auch darauf hingewiesen, dass mit Steigerung der Zufuhr löslicher Ballaststoffe die Stuhlkonsistenz beeinflusst werden kann. Immer sollten kognitiv-verhaltenstherapeutische Maßnahmen beim Reizdarmsyndrom empfohlen werden – siehe die Website https://meine-bauchstelle.com.

Referenzen:
[1] Di Lorenzo C, Nurko S, Hyams JS, et al. Safety and efficacy of linaclotide in children aged 7–17 years with irritable bowel syndrome with constipation. J Pediatr Gastroenterol Nutr. 2024; 78: 539‐547.
[2] Layer P et al. Update S3-Leitlinie Reizdarmsyndrom. Z Gastroenterol 2021; 59: 1323–1415.